Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft – Der Tod ist reine Gewöhnungssache
Der Bestatter-Beruf liegt im Trend: Immer mehr junge Leute beginnen Ausbildung
„Der Beruf des Bestatters kämpft gegen ein völlig falsches Bild an“, sagt Helmut Ramsaier, Geschäftsführer des Bestattungsunternehmens mit Sitz in Stuttgart-Vaihingen und Degerloch. Er steht neben der starren Dame im Sarg, zupft ein bisschen an ihrer Bluse herum und steckt ihr ein Kreuz in die gefalteten Hände. Jeder Handgriff ist behutsam und sachlich zugleich. Seit 1977 arbeitet Ramsaier als Bestatter, schon in dritter Generation. „Anerkennung erfährt man in dem Beruf nur von denen, die unsere Dienste bereits in Anspruch genommen haben“, sagt Ramsaier. Wer mit dem Tod noch nicht konfrontiert wurde, will auch mit Bestattern lieber nichts zu tun haben.
Doch bei jungen Leuten liegt der Beruf im Trend, von Jahr zu Jahr gibt es immer mehr Auszubildende. Bundesweit machen 426 junge Menschen derzeit die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft, in Baden-Württemberg sind es 49 Auszubildende. Was macht den Beruf so attraktiv? Immerhin, der Bereich ist krisensicher, weil es immer mehr alte Menschen gibt. Und abwechslungsreich: „Er erfordert handwerkliches Geschick ebenso wie Einfühlungsvermögen im Umgang mit Angehörigen, Kreativität, Organisationstalent und medizinische Grundkenntnisse“, sagt Rosina Eckert vom Ausbildungszentrum für Bestatter im unterfränkischen Münnerstadt. Neben regelmäßigen schulischen Blöcken lernen die Auszubildende hier einmal im Jahr wie man Gräber aushebt, Särge einrichtet und rechtliche Fragen klärt.
„Den Beruf kann nur jemand ausüben, der stabil ist und Sicherheit ausstrahlt“, sagt der Bestatter Ramsaier. Seine Auszubildenden sucht er sich nach sozialer Kompetenz und Einfühlungsvermögen aus. Denn das Handwerk um den Tod hat nicht nur mit Toten zu tun, sondern vor allem mit Lebenden – mit den Hinterbliebenen. „Vom Abwickler werden wir immer mehr zum Berater“, sagt Ramsaier. Weil weniger Menschen religiös leben, sind häufig nicht mehr die Kirchen nach dem Tod zur Stelle, sondern die Bestatter. Und dann ist da noch die „Vereinsamung in der Gesellschaft“, wie Ramsaier sagt. „Die Gespräche mit Angehörigen werden anspruchsvoller.“
Langer Weg vom Tod bis ins Grab: Bestatter sind auch Organisationstalente
Für Robin Werz ist genau dies ein Aspekt, der den Beruf interessant macht. „Ich mag es, die Hinterbliebenen zu unterstützen. Wenn eine Bestattung ehrenwert organisiert ist, dann bedeutet das für die Angehörigen sehr viel“, sagt er. Trauergespräche zu führen und eine Trauerfeier zu organisieren sind aber nur zwei Aspekte des Berufes – vom Tod bis ins Grab ist es ein weiter Weg.
Stirbt jemand, rücken die Bestattungsfachkräfte mit ihrem dunklen Wagen aus, oft mitten in der Nacht. Der Tod kommt schließlich nicht nach Terminplan. Im Bestattungshaus werden die Verstorbenen gewaschen, desinfiziert und frisiert. Körperöffnungen werden mit Watte verschlossen, die Augen mit einem Klebestoff verschlossen und die Toten geschminkt. Zwischendurch gilt es, jede Menge Formulare zu bearbeiten.
Robin Werz schreckt das alles nicht ab – nicht die Kälte der Toten, nicht die Bereitschaft auf Abruf, nicht der Umgang mit schweren Schicksalen. „Natürlich muss man da auch mal schlucken“, sagt Werz. „Zum Beispiel, wenn ein Kind stirbt oder bei Selbstmord.“ Mit der Zeit lerne man aber, das als naturgegeben anzuerkennen. Dabei helfe ihm auch sein christlicher Glaube, sagt Werz. Irgendwann ist der Umgang mit dem Tod eben einfach ein Beruf. Der junge Mann greift noch einmal kurz die wächserne Hand der Dame im Sarg. Sie wird am kommenden Tag nach Eritrea überführt, in ihre Heimat. Werz streift seine Handschuhe ab und schiebt die Bahre zurück in den Kühlraum. Der nächste Todesfall kommt bestimmt.
Den Bericht von den Stuttgarter Nachrichten finden Sie hier.